MENSCHENHANDEL & AUSBEUTUNG
Viele von euch werden sicherlich schon etwas von Human Trafficking (Menschenhandel) gehört haben.
Kein Mensch sollte Opfer davon werden! Aber wie geraten Menschen überhaupt da hinein? Wie kann es sein, dass Menschen heutzutage unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet werden?
Es gibt sehr viele verschiedene Gründe dafür und sicherlich ist es in jedem Land ähnlich und anders zugleich.
Es gibt immer die Not einzelner Menschen auf der einen Seite (Opfer), und die zerstörerische Natur einzelner Menschen auf der anderen Seite (Täter), die diese Situation ausnutzen. Welche Nöte das sind, wofür die Menschen ausgebeutet werden und wie dieser kriminelle Akt geschehen kann, ist sehr vielseitig.
Wir haben viele Informationen einholen können und haben hier und da auch persönliche Erfahrungsberichte von Opfern von Menschenhandel hören können. Deshalb wollen wir euch gern einen genaueren Einblick geben, was Menschenhandel in Kambodscha bedeutet.
Die wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten Jahren bis 2019 in Kambodscha zunehmend gebessert. Aufgrund der Auswirkungen durch die Covid-Maßnahmen hat sich dieser Zustand allerdings wieder verschlechtert. 2019 waren es noch 17,8%, die unterhalb der Armutsgrenze (10,951 Riel pro Person pro Tag - das sind ungefähr 2,6$) lagen. Manche Schätzungen
gehen davon aus, dass sich diese Zahl in den Jahren 2020 - 2022 aufgrund der Effekte der Covid-Pandemie fast verdoppelt hat. Zudem leben ca. 30% der kambodschanischen Bevölkerung nahe an der Armutsgrenze (laut World Bank von 2017). Das ist auch das Bild, das wir in den letzten 4 Jahren hier in Kambodscha selber gesehen haben. Also könnten bis zu 50% der Bevölkerung von massiver Armut betroffen sein, was das Leben für viele vor große Herausforderungen stellt.
Laut unseren Erfahrungen in vorherigen Sozialprojekten in benachteiligten Communities und gemäß den Erfahrungen anderer Organisationen gibt es eine Vielzahl von Gründen, warum Kambodschaner/innen in finanzielle Not geraten.
Die häufigsten Gründe sind Bildungsmangel, Mangel an gut bezahlten Arbeitsverhältnissen, gesundheitliche Not und ausbeuterische Schuldverhältnisse (Mikrokredit Systeme: Pro Kopf Verschuldung von 4280$, welche höher ist, als das Jahreseinkommen von 95% aller Kambodschaner/innen; zwischen 28-50% der Kreditnehmer/innen sind überschuldet oder von Überschuldung bedroht)!
Es erstaunt uns immer wieder, wie viele Menschen hier verschuldet sind, oder für extrem viele Familienangehörige sorgen müssen. Wir kennen kaum einen Kambodschaner oder eine Kambodschanerin, der/die keine Schulden hat.
Bei den niedrigen Löhnen oder dem Mangel an Jobs kann man schnell in Schwierigkeiten kommen.
Durch diese Not gelingt es Betrüger/innen umso einfacher, Menschen mit irgendwelchen Versprechungen zu locken. Gängige Maschen sind zum Beispiel, dass von einer Arbeit im Nachbarland hohes Gehalt versprochen wird. Nicht selten werden teils noch Minderjährige dann über die Grenze geschmuggelt und auf der anderen Seite an andere Leute weitergereicht. Oftmals entspricht die tatsächliche Arbeit nicht dem, was am Anfang versprochen wurde. So haben wir schon von Betroffenen gehört, dass sie jahrelang auf einem Fischkutter festgehalten wurden, nie Gehalt bekommen hatten und nie das Boot verlassen durften. Oder dass Mädchen am Ende gezwungen wurden, an illegalen Bordellen zu arbeiten und dass sie keine Möglichkeit hatten, zu fliehen oder jemanden zu kontaktieren. Sie bekommen ihre Ausweise weggenommen, sofern sie welche haben und werden psychisch unter Druck gesetzt. Es werden Schuldverhältnisse kreiert, da bei der Jobvermittlung angeblich Kosten entstanden sind, die die Betroffenen dann abarbeiten müssen. Aber es kommen immer ,,neue” Schulden dazu, sodass sie nie wirklich frei davon sein werden. Außerdem sitzt ihnen noch der Gedanke im Nacken, dass sie das alles ja auf sich genommen haben, um ihrer Familie zu helfen. Viele der Opfer trauen sich also gar nicht zu fliehen, oder die oftmals unwürdigen Arbeitsbedingungen nicht hinzunehmen, da sie ihre Familie ja zu versorgen haben.
Manche Familien verkaufen regelrecht ihre Kinder an Betrüger/innen, die der Familie versprechen, dass ihre Kinder ein besseres Leben haben werden, vielleicht sogar im Ausland und ihnen dann auch weiterhin Geld schicken können. Durch ihre Not, dem niedrigen Aufklärungsniveau und der Raffinesse der Betrüger kommt es immer noch zu solch einem Handel.
Weitere gängige Ausbeutungsverhältnisse finden durch Arbeitsmigration in urbanen Gegenden, sexuelle Ausbeutung in Biergärten und anderen Etablissements, Organhandel und Online-Missbrauch (1 von 10 Kindern in Kambodscha mit Internetzugang sind betroffen) statt.
Im TIP Report 2022 sind einige dieser Faktoren und mehr beschrieben. Auch UNICEF hat eine umfangreiche Analyse zur Kindersicherheit veröffentlicht. Aufgrund von eigener Erfahrung und gemäß vieler anderer NGOs sind die Zahlen in offiziellen Reports häufig noch sehr beschönigend abgebildet. Besonders wenn es um Menschenhandel geht, stellen offizielle Zahlen nicht die Realität dar. Das wird auch unter anderem in dem TIP Report thematisiert. Dort wird beschrieben, dass sich die kambodschanische Regierung nicht genügend bemüht, diese Situationen zu bekämpfen (siehe den Trafficking In Person Report 2022), und auf das Eingreifen von Organisationen angewiesen ist, die sie im Kampf gegen Menschenhandel unterstützen und die Missstände bekämpfen.
Wir arbeiten hier vor Ort mit dem ‘Ministerium für Soziales’ Hand in Hand und sind sehr dankbar für ihre Hilfe und die sehr gute Zusammenarbeit mit ihnen. Wir hoffen, dass wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten werden, dass Menschen in Freiheit leben können und wir Menschenhandel stoppen können, bevor er beginnt.
Seit Anfang Dezember haben unser Team aufgestockt, sodass wir jetzt 2 Frauen und 2 Männer als Sozialarbeiter/innen haben. Nun kann es richtig losgehen! Im neuen Jahr geht es in die ersten Communities.
Bleib also dran, erzähl es weiter und bitte bete für diese Arbeit. Denn sie ist nicht nur für Kambodscha wichtig.
Menschenhandel & Ausbeutung findet überall statt!